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Nachrichten
Frühjahrs-Aktion 2007 Reduzierung des
Wollhandkrabbenbestandes im Ochtum-Altarm
Der niederländische Fischzüchter T. Barelds hatte
dem Vorstand des Fischereivereins Delmenhorst im
Frühjahr 2007 angeboten, die Wollhandkrabbenplage im
Ochtum-Altarm wesentlich zu entschärfen. Wie schon
in einigen Gegenden in Ostfriesland wollte er die
Wollhandkrabben mit speziellen Reusen fangen, in den
Niederlanden bis zur optimalen Größe mästen und
anschließend an fernöstliche Restaurants verkaufen.
In der chinesischen und koreanischen Küche sind
Wollhandkrabben eine begehrte Delikatesse. Der
Geschmack des Fleisches ist mit dem des Hummers
vergleichbar. Im Gegenzug für die gefangenen
Wollhandkrabben hatte er angeboten, uns kostenlos
Fischbesatz (vorrangig kleine Zander) zu liefern.
Der Vorstand hatte zunächst bis auf Widerruf
zugestimmt. Nach anfänglichen Erfolgen musste T.
Barelds sein Vorhaben jedoch aufgrund von
Vandalismus an seinen Reusen wieder einstellen.
Die Chinesische Wollhandkrabbe - ein
eingeschleppter Plagegeist
Die Chinesische Wollhandkrabbe, eine ursprünglich in
Ostchina beheimatete Krabbenart, wurde vermutlich
Anfang des 20. Jahrhunderts als Larven mit dem
Ballastwasser von Handelsschiffen nach Europa
eingeschleppt. Die Krabbe bekam ihren Namen durch
den dichten "Haarpelz" an den Scheren der männlichen
Tiere. Die Wollhandkrabben besiedeln größere
Flussläufe. Sie sind aber auf die
Meeres-Mündungsgebiete der Flüsse angewiesen, wo die
Fortpflanzung stattfindet. Die jungen Krabben, die
sich aus Larven entwickeln, wandern aus der
Brackwasserzone die Flussläufe hinauf. Die
Wollhandkrabben sind überwiegend nachtaktiv und
ernähren sich von Insektenlarven, Muscheln,
Schnecken, kleinen Fischen und Aas.
Nach Ansicht vieler Ökologen stellen Wollhandkrabben
eine ernsthafte Bedrohung unserer heimischen
Fließgewässerfauna dar, weil sie hier kaum
natürliche Feinde haben und sich deshalb ungehemmt
vermehren können. Man nimmt an, dass sie
einheimische Krebsarten verdrängen und als
Allesfresser in Nahrungskonkurrenz zu vielen
Fischarten treten. Uferbauten und Dämme werden durch
das massenhafte Graben von Hohlgängen in
Mitleidenschaft gezogen und können einstürzen.
Bei Anglern und Fischern sind Wollhandkrabben
äußerst unbeliebt, da sie unter anderem beim Angeln
mit tierischen Ködern auf Grund binnen kürzester
Zeit diese unbemerkt vom Haken knabbern.
Zu den wenigen natürlichen Fressfeinden der
Wollhandkrabben gehören Möwen, die jedoch der
ungehemmten Vermehrung keinen Einhalt gebieten
können. Ebenso werden in Häutung befindliche
Wollhandkrabben von Aalen, Barschen, Alanden und
anderen Fischen gezielt gesucht und gefressen.
Zur Bekämpfung der Wollhandkrabbenplage wurden in
Laufe der Zeit spezielle Fanggeräte entwickelt und
aufgestellt, allerdings mit fraglicher Effizienz.
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Männchen
der Chinesischen Wollhandkrabbe |
Männchen
der Wollhandkrabbe
von unten gesehen |
Bekämpfungsversuch im Ochtum-Altarm
Die Fangmethode von Herrn Barelds, die
Wollhandkrabben mit Reusen zu Leide zu rücken,
beruht auf ihr Verhalten, in Uferbereiche Wohnhöhlen
zu graben oder unter Steinen und in weichem Sediment
Schutz zu suchen. Hierzu müssen die Reusen mit
Sedimenten stark verschmutzt sein. Andere Fischarten
gehen dann auch nicht mehr in die "verschmutzten"
Reusen hinein. Anfangs mit sauberen Reusen werden
neben den Wollhandkrabben zunächst auch noch andere
Fische gefangen, die dann wieder zurückgesetzt
werden. Alle 3 - 4 Tage werden die Reusen
kontrolliert. Damit die Wollhandkrabben nicht das
Reusennetz zerschneiden können, ist es am Ende mit
einem speziellen schnittfesten Kunststoffnetz
versehen. Die Wollhandkrabben können in einem
dunklen, trockenen Behältnis bei Temperaturen
unterhalb 10 °C bis zu 10 Tagen überleben.
Anfang Mai begann Herr Barelds mit dem Aussetzen von
14 kleinen und 3 großen Reusen im Uferbereich des
Ochtum-Altarms. Ab ca. 14 °C Wassertemperatur (etwa
Ende Mai) wird die Wollhandkrabbe richtig aktiv. Um
zu gewährleisten, dass auch nur die Wollhandkrabben
aus den Reusen entnommen werden, ist ein
Vereinsmitglied immer dabei gewesen. Heinz Gett, ein
ehemaliger Reusenfischer und hervorragender Kenner
des Ochtum-Altarms, hatte sich bereit erklärt, Herrn
Barelds bei seinen Kontrollfahrten im Boot zu
begleiten. Wie vorhergesagt, waren anfangs neben den
Wollhandkrabben sehr viele Fische in den Reusen
gefangen, sodass zeitweise vom Vorstand überlegt
wurde, den Versuch einzustellen. Auf Anraten der
anderen Beteiligten wurde der Versuch fortgesetzt.
Die Anzahl der Fische nahm ständig ab, die der
Krabben zu. Der Versuch schien Erfolg zu haben.
Gleich zu Beginn wurde eine große Reuse gestohlen.
Sie konnte nur vom Wasser her mit einem Boot
entwendet worden sein. Nach ca. 14 Tagen wurden dann
einige Reusen von Unbekannten an Land gezogen und
entleert, obwohl sie von Land her eigentlich schwer
zugängig waren. Nach weiteren 14 Tagen wurden Reusen
nicht nur an Land gezogen sondern auch mutwillig
zerstört, sodass Herr Barelds den Versuch zur
Reduzierung des Wollhandkrabbenbestandes im
Ochtum-Altarm abbrechen musste. Es ist nur zu
hoffen, dass dieser Vandalismus nicht von
Mitgliedern des Fischereivereins Delmenhorst
begangen worden ist.
Es ist schade, dass es so enden musste.
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Aufgestellte Reuse im Uferbereich des Ochtum-Altarms |
Ausblick
Der Versuch von Herrn Barelds hat gezeigt, dass man
im gewissen Maße die Wollhandkrabbenplage zu Leibe
rücken kann. Wenn dieser Versuch nochmals
unternommen werden sollte, müsste im Vorfeld die
Mitglieder hierfür sensibilisiert und die
Fischereiaufsicht massiv eingesetzt werden.
Eine weiter Bekämpfungsmaßnahme wäre eine
automatische Fanganlage an der Ochtum- bzw.
Altarm/Fließochtum-Schleuse, wie beispielsweise bei
den Fischtreppen an der Elbe-Staustufe bei
Geesthacht. Dies lässt sich nur schwer mit großem
Widerstand der Wasserverbände und viel Geld für
Entwicklung und Bau verwirklichen.
Neben einer Verwertung der Wollhandkrabben in der
Gastronomie werden sie gewerblich-industriell
genutzt, wie z.B. zur Chitosan-Herstellung und zur
Biogas-Produktion. Chitosan ist ein begehrter
Rohstoff bei der Abwasserbehandlung, in der Medizin,
Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie. All dies
lässt hoffen, dass man in Zukunft durch den
Chitosanbedarf der Industrie die eingeschleppten
Plagegeister auf ein vertretbares Maß dezimieren
wird.
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